Auch wenn die momentanen wirtschaftlichen Aussichten in Russland alles andere als rosig sind. Russland ist eine Nation, an die man glauben muss. Wer jetzt den Kontakt nach Moskau und St. Petersburg nicht verliert sondern aktiv sucht, schafft die Voraussetzungen für nachhaltige Wirtschaftskontakte. Denn erst in der Krise zeigt sich der wahre Freund. Der kleine Business Knigge Russia will hierzu alle Interessierten ermutigen:
„Man erkennt den Falken an seinem Flug“ (russisches Sprichwort)
1. Als Deutscher müssen sie alles versuchen, um ihren vereinbarten Termin einzuhalten. Rechnen Sie mit lokalen Verzögerungen, die nicht nur durch Verkehrsstaus verursacht werden sondern auch Teil der russischen Verhandlungstaktik sind. Juli und August sind üblicherweise Urlaubsmonate, die für Geschäftstreffen vermieden werden sollten. Das Networking kann jedoch weitergehen.
2. Unterschätzen Sie niemals ihren russischen Geschäftspartner. Gehen Sie eher davon aus, dass es neben dem Prestigedenken einzelner Oligarchen und Neureicher ein ausgeprägtes Kulturverständnis für Musik und Bücher gibt.
3. Geschäfte mit Russland sind nicht zuletzt durch die Allgegenwart der Staatsfonds immer auch politische Deals. Vermeiden Sie daher im Business proaktiv Themen zum 2. Weltkrieg, Tschetschenien, Stalin etc. anzusprechen. Beliebt sind dagegen Themen über die positiven Veränderungen Russlands durch die stattgefundene Liberalisierung vieler Branchen. Gleichzeitig sollten Sie aber auch ihre eigene Identität nicht aufgeben und ihrem russischen Gesprächspartner ggf. Grenzen aufzeigen. Andernfalls werden sie bei zukünftigen Diskussionen gezielt in die Defensive getrieben.
4. Menschenführung muss der Kultur angepasst werden. In Russland erwarten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihren Führungskräften Souveränität.
5. Geschäfte ohne Netzwerk sind in Russland wie Eierkochen ohne Wasser. Da Positionen schnell und unerwartet neu besetzt werden können, ist es wichtig neben der Nummer 1 auch potenzielle Nachfolger zu kennen.
6. Bei Geschäftsessen wie auch privaten Einladungen sind Gastgeschenke gern gesehen. Allerdings sollten sie bei ihrer Auswahl großzügig oder geistreich sein. Wodka wird derartigen Anlässen immer noch viel getrunken. Echtes Kampftrinken unter professionellen Geschäftspartnern ist jedoch eher die Ausnahme. Ausländer sollten sich dennoch bei alledem nicht in kompromittierende und später zu bereuende Situationen begeben.
7. Die westlich erscheinende Art vieler russischer Geschäftspartner führt zu der irrtümlichen Annahme, dass es kaum eigene Kulturstandards gibt. In seinen Emotionen und seinem Denken sind die meisten Russen jedoch stark verwurzelt in ihrer eigenen Kultur. Tritt ein Deutscher einem Russen aus Versehen auf den Fuß, tritt der Russe nicht selten direkt zurück. Durch das sofortige Ausgleichen soll zukünftiger Ärger vermieden werden. Hinzu kommen u.a. auch abergläubische Rituale, wie es auch in Deutschland spezifische Rituale gibt, die aber auf einen Russen aber verwunderlich wirken könnten.
8. Russen sind es gewohnt zu improvisieren und in Gegenwart von Krisen zu überleben. Daher sind sie auch eher bereit ein Worst Case Szenario anzunehmen und auch in diesem nach ihren Chancen zu suchen. Bei Streitigkeiten sollte aber trotz aller russischer Direktheit immer eine Tür offen bleiben und das Gesicht des anderen Verhandlungsführers gewahrt bleiben. Der Streit um die unterbrochenen Gasleitungen in die Ukraine und Westeuropa im Januar 2008 ist ein Lehrbeispiel für ein verpatztes Krisenmanagement zwischen Brüssel und Moskau.
9. Geld ist für russische Angestellte ein notwendiges Übel. Sie werden hierfür sich jedoch nicht selbst versklaven. Bessere Motivationsinstrument statt einer Gehaltssteigerung können auch Prestige und öffentliche Anerkennungen sowie Erweiterungen des Verantwortungsbereiches sein. Innerhalb internationaler Joint Ventures ist ein zentrales Controllingsystem jedoch unabdingbar. Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.
10. Team Building und das Verfolgen gemeinsamer Ziele oder eines Mission Statements zählen zu den Erfolgsfaktoren bei Geschäften in Russland. Hierzu müssen ausländische Mitarbeiter sich aber auch die Mühe machen, die russische Mentalität und interkulturelle Besonderheiten zu lernen.